Warten auf Rabatz

Der ganze Rechts-Links-Kulturkampf auf 150 Quadratmetern: Unser Reporter hat die Leipziger Buchmesse im "rechten Eck" verbracht, zwischen Kubitschek und Konterrevolution.

August Modersohn

erschienen am 22.03.2018 in der ZEIT


Es ist der letzte Tag der Buchmesse, und Götz Kubitschek wirkt fast ein bisschen enttäuscht. Er, der Verleger, der als ein Vordenker der Neuen Rechten gilt, kommt von einer Lesebühne. Dort hat er gerade mit Martin Sellner gesprochen, einem führenden Kopf der Identitären Bewegung. Und alles blieb friedlich. Kubitschek sagt: "Es war ja richtig ruhig. Bei Sellner hätte ich eigentlich mit mehr gerechnet."

Schade.

Wer vier Tage an der Seite von Götz Kubitschek verbringt, hier auf der Leipziger Buchmesse, am Stand seines Verlags Antaios, der lernt in erster Linie dies: Die Aufmerksamkeit, die Kubitschek auf sich zieht, wenn Linke Krawall gegen ihn machen, ist seine beste PR. Vier Tage Kubitschek, das bedeutet deshalb auch: vier Tage Warten auf Rabatz. Man kann durchaus sagen, dass er und seine Mitarbeiter nicht nur mit linkem Gegenprotest gerechnet haben – nein, sie haben ihn regelrecht herbeigesehnt. Kubitschek hatte vorher, online, sogar eine Wette angeboten: "Wird es linke Tumulte an unserem Stand und während unserer Lesungen geben?" Einsätze im Kommentarbereich erbeten.

Als er im vergangenen Jahr auf der Frankfurter Buchmesse auftrat, kam es zu Gewalt zwischen Linken und Rechten. In Leipzig nun blieb es – ziemlich ruhig. Wie konnte das passieren?

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