Meine Oma ist dein Job

Pflegerinnen aus Osteuropa arbeiten für wenig Geld rund um die Uhr.

von Ann Esswein, Pascale Müller, Daria Sukharchuck

erschienen in Reportagen, #61 November/2021


Weil die reservierte Dame schläft, kann Nino Tsulaia eine Pause machen. Sie durchquert den Kurpark einer Kleinstadt in Hessen, vorbei an Springbrunnen und Blumenbeeten, die wie Frotteeteppiche auf Hügeln liegen, und Gesprächsfetzen auf Deutsch. Nur eine Stunde hat sie Zeit, so viel weiss Tsulaia mittlerweile, dann wacht die 86-Jährige aus ihrem Mittagsschlaf auf. Von der Parkbank auf der Anhöhe hat sie einen guten Blick auf den Schwanenteich. Es könnte ein schöner Arbeitstag sein, wenn er denn auch ein Ende hätte.

«Alle Tage sind gleich», sagt Tsulaia, die eigentlich anders heisst. Sie und auch alle Mitglieder ihrer Familie müssen für diese Geschichte andere Namen annehmen, weil Nino Tsulaia über eine Arbeit spricht, die unter fragwürdigen Bedingungen und weitgehend im Verborgenen abgewickelt wird. Von Agenturen und Vermittlern irgendwo in Osteuropa organisiert und gesteuert. Dass sie über ihre Erfahrungen redet, kann sie teuer zu stehen kommen. Denn zum Teil war Tsulaia während ihrer bisherigen Zeit in Deutschland weder angemeldet noch sozialversichert. Sie ist Teil eines Systems, in dem sich auch deutsche Familien und polnische Vermittlungsagenturen strafbar machen könnten.

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Diese Recherche wurde durch ein Stipendium der Otto-Brenner-Stiftung unterstützt.